Selfdevelopment

Du musst akzeptieren, wer Du bist, um Dich zu verändern7 min read

Schon seit einigen Jahren, nahezu schon ein ganzes Jahrzehnt, beschäf­tige ich mich nun mit Persön­lich­keits­ent­wick­lung. An manchen Punkten hat mir das enorm geholfen, aber es hat mir auch an manchen Punkten in meinem Leben sehr geschadet. Genau deswegen schreibe ich diesen Blog­bei­trag.

Wie hat alles angefangen

Als ich 2013 zum ersten Mal in Kontakt mit Persön­lich­keits­ent­wick­lung gekommen bin, war ich an einem Tiefpunkt in meinem Leben. Ich war der festen Über­zeu­gung -mal wieder-, dass ich nie wieder eine Freundin bekommen würde. Dass ich keine Freunde mehr finden würde und mein Leben sowieso keinen richtigen Sinn mehr hat. Zwar war ich damals nicht so depressiv, dass ich über Suizid nach­ge­dacht hätte (das hatte ich glück­li­cher­weise schon hinter mir), aller­dings sah ich mein Leben durch eine schleim­ver­schmierte Brille der Trost­lo­sig­keit. Über den Umweg Pickup (die Kunst der Verfüh­rung) kam ich dann zu Persön­lich­keits­ent­wick­lung und sah darin den Schlüssel mein altes unnützes ich hinter mir zu lassen. Wie eine Schlange ihre Haut abstreift, so wollte ich mein altes Leben hinter mir lassen. Volle Kraft voraus in eine Zukunft, wo ich endlich ein toller Mensch sein würde, den alle lieben und mögen würden.

Von da an habe ich mich immer mehr mit Literatur, YouTube-Videos und Personen umgeben, die mir dabei weiter helfen konnten. Das meiste, was ich jedoch dabei konsu­mierte, gab mir das Gefühl, dass ich in meinem Leben bisher versagt hatte und ich jetzt XY erreichen müsste, um endlich ein „gutes, produk­tives, erfolg­rei­ches“ Leben zu führen. Natürlich durfte ich mich dabei mit nichts zufrie­den­geben, denn Still­stand ist ja der erste Schritt zum Tod. Wie eine Pflanze. Wenn eine Pflanze nicht mehr wächst, fängt sie an zu sterben.

Bin ich dadurch produktiver/effektiver geworden? Ja auf alle Fälle. In manchen Bereichen meines Lebens -wie zum Beispiel der Arbeit hat mir das extrem weiter geholfen. Auch habe ich dadurch viel mehr Wagnisse auspro­biert als ich es mir vorher je zugetraut hätte. Doch leider bin ich dadurch auch Zielen hinter­her­ge­rannt, die nicht meine waren. Habe immer mehr dem Erfolg hinterher gehetzt, ohne dabei glücklich zu sein. Habe einen Großteil meiner Lebens­freude (und auch Freunde:innen) verloren. Egal was, es war nie „gut genug“. Immer zwar ein Schritt vorwärts, aber eben zu langsam, nicht weit genug, nicht perfekt genug…

Was hat es mir gebracht

Durch meine ersten Schritte in der Persön­lich­keits­ent­wick­lung hat sich mein Leben deutlich verändert.

  • Ich habe ange­fangen mir Ziele für mein Leben zu setzen, zwar habe ich diese nicht immer erreicht. Aber 80 % der Ziele zu erreichen ist wesent­lich mehr als gar keine Ziele zu haben.
  • Mein Leben hat ange­fangen, einen Inhalt zu bekommen. Davor war es mehr oder weniger Arbeiten/Saufen/Zocken/Schlafen. Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Alleine der Punkt Löffel­liste hat mich dazu gebracht „größere“ Akti­vi­täten zu planen und umzu­setzen, was ich davor einfach nie gemacht hätte.
  • Mir sind einige selbst­zer­stö­re­ri­sche Gewohn­heiten aufge­fallen, die ich teilweise abge­stellt habe
  • Ich habe viele neue Gewohn­heiten auspro­biert. Ein paar davon habe ich behalten. Besonders wertvoll für mich, ich lese seitdem fast jeden Tag. Im Schnitt komme ich auf eine gute halbe Stunde pro Tag.

So trostlos wie der Anfang geklungen hat, waren doch viele Sachen dabei, die mich weiter gebracht haben und über die ich bis heute froh bin. Von daher war der Start, sich mit Persön­lich­keits­ent­wick­lung zu beschäf­tigen, definitiv der richtige Weg. Lediglich der Ansatz war nicht unbedingt der Beste.

Wie sehe ich es jetzt

2021 habe ich meine Therapie gestartet, durch ein paar Coachings, aber auch durch Besuche in einem Hedo­nisten-Club einiges über mich selbst gelernt. Vieles infrage gestellt und mein Leben noch einmal ziemlich auf den Kopf gestellt. Zumindest fühlt es sich so für mich an. Was für mich bei der Persön­lich­keits­ent­wick­lung bisher immer das „größte“ Problem war, es hat mir immer vermit­telt, dass ich nicht gut genug bin. Dass ich mehr/besser werden muss, um genug zu sein. Nur dass der Punkt „besser/mehr“ eben nie erreicht werden kann.

Durch die Erkennt­nisse, die ich dieses Jahr gemacht habe, ist mir klar geworden, dass es durchaus ok ist sich verbes­sern zu wollen. Nach mehr zu streben oder sich selbst einfach verändern zu wollen. Aber zeit­gleich sollte man auch aner­kennen können, wo man gerade ist. Die Situation zu akzep­tieren, ohne sich dafür zu verur­teilen. Natürlich gibt es viele Punkte, die „nur“ durch das eigene Handeln so einge­treten sind, trotzdem bringt es mich kein Stück weiter, wenn ich mich dafür auch noch verur­teile.

Am Beispiel von mir. Ich bin nicht happy, dass ich aktuell ein neues „Rekord­ge­wicht“ von ~97KG erreicht habe. Mein Ziel war es eigent­lich dieses Jahr abzu­nehmen, nicht zuzu­nehmen. Durch verschie­dene Themen habe ich aller­dings EXTREM VIEL Süßkram gegessen, der inzwi­schen ein kleines Polster rund um meine Hüften gebildet hat. Ja, ich bin der Verur­sa­cher davon. Ja, meine Hand­lungen haben dazu geführt. Und ja, ich möchte weniger wiegen. Mein Ziel sind und bleiben 77KG bei ~87 cm Bauch­um­fang. Für 2022 habe ich mir das auch wieder als Jahres­ziel gesetzt. Aller­dings nicht wie sonst in der kürzest möglichen Zeit, sondern einfach Schritt für Schritt. Haupt­sache ich wiege Ende 2022 weniger als ich Anfang 2022 gewogen habe. Das ist ein realis­ti­sches Ziel und lässt sogar kleine Fehl­schläge zu.

Was ist meine aktuelle Ausrichtung

Aktuell nutze ich immer mehr die Angebote, die ich hier in Berlin habe. Ich gehe inzwi­schen nicht nur mittwochs zu dem BDSM-Munch, sondern seit kurzen auch zum Poly-Meetup und zu Impro-Theater-Workshops. Alles Dinge, die mir guttun. Zudem habe ich (erneut) ange­fangen, meinen Schlaf in den Griff zu bekommen. Eine Schlaf­maske, damit wirklich alles dunkel ist, Ohren­stöpsel, damit es ruhig ist und eine feste Aufsteh­zeit, die auch am Wochen­ende nicht verschoben wird leisten hier gute Dienste.

Ich versuche, ganz nach dem Prinzip der Museums-Tage, mehr von dem zu machen, was mir guttut und deutlich einzu­schränken, was ich aus Gewohn­heit mache, mir aber nicht guttut. [Muse­ums­tage sind eine Idee aus dem Buch „Big Five for Live“, welche sagt, dass ein „Lebens­mu­seum“, das Bilder von dem eigenen Leben zeigen würde, eben nicht zeigt, was man gerne gehabt hätte, sondern was man wirklich getan hat. Und dass das Leben einem mehr von dem gibt, was man oft tut]

ABER! Und das ist wie ich finde ein sehr wichtiger Punkt, ich bin dabei immer weniger „Dingen“ und „Erfolgen“ hinter­her­zu­rennen, die ich „erreichen muss“ um gut genug zu sein. Ich bin immer mehr dabei heraus­zu­finden, wer ich bin und wie ich sein MÖCHTE.

Zu akzep­tieren, dass ich (gerade) nicht der Typ mit dem krassen Sixpack bin. Dass ich gerade nicht so viel Sex habe, wie ich möchte. Dass ich nicht…. (die Liste könnte ich nahezu endlos fort­führen). Dass aber genau das alles, mich zu dem macht der ich bin. Das das Aner­kennen meines Selbst viel mehr wert ist als Perfekt zu sein. Dass ich gar nicht in allem perfekt sein muss. Sondern, dass ich mich dort verbes­sern kann/darf, wo ich möchte, es mich aber nicht zu einem besseren Menschen macht.

Fazit

Ja, ich bin froh, dass ich in den letzten Jahren viel an mir gear­beitet habe. Ja, ich werde weiterhin Dinge an mir ändern, wenn es mir nicht passt. Und ja, ich stehe jetzt besser da im Leben als davor. Trotzdem war ich nie „nicht gut genug“ für andere. Es war immer mein „nicht gut genug“ sein, dass mir das Leben schwer gemacht hat. Sei Dein Dir best möglichstes selbst, mit den Mitteln, die Du gerade zur Verfügung hast und sei Stolz auf die Person, die Du gerade bist. Diese Erkenntnis ist das für mich bisher wich­tigste, was ich durch Persön­lich­keits­ent­wick­lung gelernt habe.

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